Reisen zum Beispiel (für Bilder bitte anklicken)
Reisen zum Beispiel! Liebe Leser! (Sie wissen: an geraden Tagen -28.9.23 – der männliche Plural) Liebe Leser/Gucker! Heute mute ich Ihnen mal etwas zu! Sie kennen das Gedicht Reisen (1950) von Gottfried Benn? Da ist einer (Benn oder wer auch immer), dem die Utopien gründlich flöten gegangen sind. An dieser Stelle ist der Text anschlussfähig an unsere belämmerte Gegenwart. Und doch: Wir waren dieses Jahr viel unterwegs. Eskapismus? Bedingt…es kam einfach so…Und jetzt die Zumutung: eine bunte und lange Scrollrunde von Beobachtungen in naher und weiter Ferne: Gottfried Benn, Reisen Meinen Sie Zürich zum Beispiel sei eine tiefere Stadt, wo man Wunder und Weihen immer als Inhalt hat? Meinen Sie, aus Habana, weiß und hibiskusrot, bräche ein ewiges Manna für Ihre Wüstennot? Bahnhofstraßen und Rueen, Boulevards, Lidos, Laan – selbst auf den Fifth Avenueen fällt Sie die Leere an – ach, vergeblich das Fahren! Spät erst erfahren Sie sich: bleiben und stille bewahren das sich umgrenzende Ich. Text zitiert nach: Gottfried Benn: Sämtliche Werke. Stuttgarter Ausgabe. In Verb. m. Ilse Benn hrsg. v. G. Schuster und H. Hof, Klett-Cotta, Stuttgart 1986 2023 „mussten“ wir ganz viel reisen. Das war der Corona-Reisestau (heißt: einige Reisen wurden verspätet fällig, weil unter Corona ausgefallen, andere waren neu gebucht, noch wieder andere gehörten zum alljährlichen Ritual). Also in dieser Reihenfolge von Januar bis September 2023: Neuseeland – Australien (die Reisebeschreibung finden Sie unter Ver-reisen), Spandau, Douro-Tal und Lissabon (finden Sie auch schon hier), wieder Spandau und Berlin (Berlin bei Spandau, sagen die Spandauer), von Barcelona nach Hamburg (finden Sie hier), wieder Spandau, Waldkirch, Freiburg, Lespinassière (Minervois), Makkum (Ijsselmeer), Abschlussdeich, Zwischendrin natürlich immer wieder das schöne Lingen. Was macht das mit zwei alten Menschen, wenn sie so viel unterwegs sind? Schließlich müssen die drei kleinen Gehirnzellen all diese Eindrücke verarbeiten? Als Benn das Gedicht schrieb, war er 62. Was für einen resignativen Zug muss ich da wahrnehmen?! Gut, er war zweimal politisch gescheitert. Aber die Ursache war u.a. seine Bewertung der Nazis (anfängliche Begeisterung). Die melancholische Geste kam in den 50ern gerade in Mode (mit diesem Gedichtband war er dann wieder „auf den Markt“) Aber müssen wir nun zu Haus bleiben? Und wie geht still sich umgrenzen? Aufm Sofa bleiben? Norderney, Und von Schönheit berührt sein kann der Betrachter in Lingen, Spandau, Berlin, Dunedin und Posemuckel (dabei: da waren wir noch gar nicht!). Gerade weil wir viel unterwegs waren, ist mir aufgefallen, was für schöne Ecken es in den Ecken gibt, nicht nur an prominenten Reiseorten! Und ansonsten: Wird schon, Herr Benn!