Douro-Tal und Lissabon (für Bilder bitte anklicken)
Wie so vieles im Leben eine Frage des Blicks: Diesmal keine Reisebeschreibungsoper, sondern nur ein paar Häppchen für diejenigen, die noch nicht dort waren und so verführt werden sollen, dieses wunderbare Land zu besuchen: Portugal: Douro-Tal, Lissabon und bisschen drumherum Die portugiesische Fluglinie TAP (Transportes Aéros Portugueses), leicht erkennbar an den lustigen Farben, bringt uns von Frankfurt nach Lissabon, dann nach Porto. Vorsicht: bei TAP gibt’s nix zu futtern, richtig: nix! Einen Becher Wasser…das war’s. Okay, niemand stirbt auf einem 3 Stunden, 10 Minuten Flug Hungers, aber wenn man’s nicht weiß, ist es schon ein bisschen verblüffend. Wenn Sie im Besitz einer Kreditkarte (ha, ich nun wieder!) sind, können Sie aber ein Gläselchen Wein (serviert in einem Fläschelchen) und ein belegtes Pappbrötchen käuflich erwerben. Besser: Knifte mitnehmen! Das taten alle um uns herum, die schon mal mit TAP geflogen sind. Gab so ein Gefühl wie Schulausflug mit Mettbrötchen und Eier pellen beim Ortausgang. TAP gehört inzwischen zu über 70 % dem portugiesischen Staat. Und überhaupt: die Portugiesen sind nicht auf Rosen gebettet… Gleich in Porto vom Hügel der Kathedrale aus wird uns in wenigen Bildern klar, dass ein Erbe von solch architektonischer Pracht und eine ungeheure Fülle von nicht im Zweiten Weltkrieg zerstörter Bausubstanz Schattenseiten hat. (Portugal blieb neutral) Wer soll all diese aufwendigen Renovierungen zahlen? In der Salazar-Diktatur (bis 1974) wurden die alten Häuser billig vermietet und nicht renoviert, später war dafür kein Geld und seit der EU-Mitgliedschaft (1986) begann eine zögernde Aufbauarbeit, die angesichts der Fülle des Erbes fast nicht zu stemmen ist, dazu überschattet von Krisen und extremen Sparverordnungen der EU-Kommissare. Jedes renovierte Gebäude (ungeheure Kulturschätze!) ist da ein Glück. Zerstörung durch Gewalt hat es zuletzt während des Erdbebens von Lissabon (1755) gegeben, alles andere droht nun an vielen Orten der Zahn der Zeit zu zerstören. Porto: Bauten und Buden Eine Seefahrernation Am deutlichen fühlen kann man das Seefahrer-Erbe des Landes in Cabo da Roca. Das ist der westlichste Punkt Europas. Danach kommt westwärts viiiel Meer, noch mehr Meer und nach 1500 km die Azoren. Die östliche Begrenzung besteht aus Spanien und da es vom größeren Bruder immer mal Vereinnahmungsversuche gab, gehört es zu den ersten Informationen der Reiseleiterinnen, dass die beiden Länder nur 60 Jahre! nur läppische 60 Jahre! vereint waren (1580 bis 1640, das kann ich auswendig, weil es ziemlich oft wiederholt wurde). Die Freundschaft hält sich immer noch in Grenzen, ist aber auf den Zustand einer freundlichen Kabbelei abgesunken. Trotzdem ist der Selbstbehauptungsprozess der Portugiesen aktiv und präsent, dort lauern offenbar immer noch einige Empfindlichkeiten. Also: Niemals behaupten, Portugal sei wie Spanien. Das wäre so unhöflich wie doof, denn die Portugiesen sind ein sehr freundliches Volk. Aber ein paar Sachen wollen sie nunmal nicht hören und haben… Was ist logisch in der Situation? Östlich die ungeliebten Spanier, westlich das weite, weite Meer? Richtig: Nach Westen wird erkundet und das – wie wir wissen – ungeheuer erfolgreich. Wir genießen diesen Reichtum noch heute in den erhaltenen Bauwerken des Manuelismus. Am Cabo da Roca blühen ganze Felder von gelber Mittagsblume (Carpobrotus edulis, auch essbare Mittagsblume, gelten als invasiv), die ihrem Namen Ehre macht, indem sie uns bei unserem vormittäglichen Besuch eher die kalte Schulter oder nur mäßig geöffnete Blüten zeigen. Auf dem Stein steht: „Hier, wo die Erde endet und das Meer beginnt…“ (Luís de Camões, 16. Jahrhundert) Das genau ist das Gefühl! Cabo da Roca Der Douro Er entspringt in Spanien in den Picos de Urbión auf 2080 Metern Höhe. Logisch, dass er allerlei Staustufen und Schleusen überwinden muss, um das Meer (N.N. liegt ja bekanntlich 2080 m tiefer) zu erreichen. Leider haben die Spanier ihm keine Schleusen gegönnt, so dass er nur auf den 211 km in Portugal schiffbar ist. Die Schleusen dort haben’s in sich, Fallhöhen über oder um 30 m sind dreimal im Sortiment, Pocinho und Crestuma haben etwas weniger. Die Eisenbahn fährt am Rande des Flusses mit (von Porto bis Pocinho), danach können Sie sich vielleicht einen hübschen stillgelegten Bahnhof an der ebensolchen Strecke kaufen!? Die Gegend ist schön! Weinberge und immer steiler werdende Schluchten in Richtung spanische Grenze, ruhigere Abschnitte in Richtung Porto mit allen renommierten Namen der Portwein- und Weinproduktion an den Ufern laden zum Gucken und Gucken … ein. Fluss-Meditation Der Douro wechselt die Farben, die Flussgeschwindigkeit, überwindet in Schleusen in den Schluchten von Valeria gerade mal eben 34 Meter Höhenunterschied…Die Landschaft drumherum ist Anfang April wie in den Strartlöchern. Einige Bäume sind nur grün überhaucht, andere schon im vollen Quietschgrün des Frühlings. Rotmilane kreisen. Hier und dort leuchtet ein roter Tupfen Mohn, die Weinberge schimmern in nackter Erde, gelbbraun, rotbraun, fein liniert durch Rebterrassen. Etwas Gelb vom Ginster leuchtet auf, grelles Grüngelb von wildem Senf und dann dieses unverschämte Dottergelb der Butterblumen. Der Douro glänzt graubraun, von einer grauen Schotterpiste der vor Salamanca stillgelegten Eisenbahn gesäumt. Hübsche kleine, oft allerdings verfallende Bahnhöfe, an einigen leuchtet „se vende“ (zu verkaufen). Olivenhänge und Begrenzungen der Weinberge durch Linien graugrüner Oliven wandern vorbei. Quintas, die schon bessere Tage gesehen haben, einige aber auch im strahlenden Weiß einer frischen Renovierung. Das lebhafte Pink von Cercis (meinetwegen: Judasbaum, ich mag den Namen nicht…) und das Blauviolett der Glycinen an den Häusern…Wenn man all das lange genug an sich vorüberziehen lässt, tritt dieser Zustand des Innen-Drin-Total-Zufrieden-Und-Entspannt-Seins ein, den man sonst nur durch Meditaion erreicht! Wundervoll! Porto ist Anfangs- und Endpunkt der Douro-Kreuzfahrten. Die Stadt ist nach Corona jetzt wieder voller Leben und man merkt, dass alle froh sind, die Touristen wieder zu begrüßen. Am Anleger singt eine junge Frau ein altes Lieblingslied von mir (Girl from Ipanema) natürlich im portugiesisch-brasilianischen Original (Garato de Ipanema, Moraes/Jobim 1962). Über ihre schöne Stimme und sowieso und überhaupt: Ich bin beglückt! Die Straßenhändler sind da, aber nicht aufdringlich, die Cafés und Restaurants voll. Insgesamt eine fröhliche und entspannte Stimmung in der Stadt. Klug könnte es allerdings sein, die Feiertage zu meiden, da wird es dann arg voll. Überall wird gebaut, es entsteht eine neue U-Bahn und vor dem spektakulär mit Azujelos geschmückten Bahnhof klafft eine große Baugrube. Man kann auch deutlich hören, dass der Untergrund hauptsächlich Granit ist – schwer zu überwinden! Ach ja – und der Zusammenhang zwischen einer Port- und Sherrymarkenreklame (der Mann mit dem großen schwarzen Umhang) und der Universitätsbekleidung in Coimbra wurde uns spontan klar, als junge Studentinnen dort in traditioneller Kleidung bunte Stifte verkauften: Lamego Besonders bekannt in Lamego ist die Rokoko-Kapelle Santuário nossa mit der 613 stufigen Wallfahrtskapelle. Sehr schön auch der gotische Dom mit interessanten Portaldetails, die Sünden betreffend. Eine heiter wirkende Stadt, in der man den heimischen Schaumwein trinken soll. Wir haben uns aber nicht an diese Empfehlung gehalten – weil wir halt lieber ruhigen Wein mögen. Bilderbogen Lamego Coimbra Coimbra ist eine alte Universitätsstadt. Den schwarzen Umhang als Bekleidung für die Studenten („Sandeman-Umhang“) kennen Sie schon. Im Innenhof der Universität finden wir zwei Schulklassen unterschiedlichen Alters unterschiedlich nachlässig in farbige Schuluniformen gekleidet. Bilderbogen Coimbra Fatima Zu Fatima nur soviel: Für mich zu viel Gigantomanie, Glauben und Gold. Dafür blühte der Ginster sehr schön und junge Techniker rollten in der Kirche ihre Kabelrollen für die Osterübertragung aus. Ein Stückchen Berliner Mauer hatten sie auch… Lissabon Für Lissabon braucht man mehr Zeit als wir sie hatten. Ein Grund wiederzukommen! Und: nicht zu Feiertagen hinfahren! Unglaublich schön fanden wir den Kreuzgang des Hieronymus-Klosters (gilt als einer der Höhepunkte des manuelinischen Baustils). Hieronymus ist einer der 4 lateinischen Kirchenväter und hat die Bibel ins Lateinische übersetzt (Vulgata). Es war aber Karfreitag und als wir wieder herauskamen, war uns sonnenklar, dass wir über einen Besuch der Kirche nicht nachzudenken brauchten. Die Schlange reichte bis zum Horizont: Bilderbogen Hieronymus-Kloster Bilderbogen Lissabon am Karfreitag 2023 (ein sehr bunter Bilderbogen, der insgesamt am 7.4.23 entstanden ist) Diesmal werde ich nicht alle Geschichten erzählen, nicht von den Azulecos am Bahnhof von Pinhão, nicht von Salamanca (Ausflug nach Spanien), nicht von Sintra, wo das Personal streikte und wegen Ostern alles verstopft war… aber ein paar Nebenbeobachtungen sollen Sie am Schluss noch etwas zum Schmunzeln bringen: von Touristen, die nicht aus dem Denkmal gehen und somit mit abgelichtet werden müssen, dicken Katern, die auf dem Fischmarkt in Porto leben, Tischecken im Mateuspalast mit Selbst-Busenhalterin, Bier, das tatsächlich Superbock heißt, und einer Dame, die sich vor dem Mateuspalast im Wasser räkelt. Den Rest müssen Sie sich schon alleine anschauen, wir haben schließlich auch nicht alles sehen können…und müssen nochmal wiederkommen. Aber eine Geschichte werde ich noch erzählen: die von den portugiesischen Reiseleiterinnen!