Die Geschichte einer Familie – Drei Frauen in China von der Kaiserzeit bis heute
Jung Chang erzählt die Geschichte von drei Generationen Frauen ihrer Familie in China. Das, was ich getan habe, nämlich das Buch zu lesen, während wir durch China reisten, ist natürlich ein Glücksfall, den Sie so schnell nicht arrangieren können. Trotzdem behaupte ich, dass das Buch sie genauso fesseln wird wie mich, wenn Sie sich überhaupt für die Geschichte von Frauen und/oder China interessieren. Das geht auch im deutschen Lehnsessel.
Chang beginnt mit ihrer Großmutter Yufang, die Konkubine eines nordchinesischen Kriegers (Xue) werden muss, eine Verbindung, die durch ihren Vater eingefädelt wird und für ihn einen Karrieresprung darstellt. Die Lebensumstände (gebundene Füße, Einsamkeit), die geschildert werden, sind für mich ein echter Bildungsgang zur Geschichte des Frauenlebens in China.
Nach dem Tod Xues flieht Yufang mit ihrer Tochter Baoqin, der Mutter Jungs, in die Mandschurei und heiratet Dr. Xia. Interessant ist hier die Schilderung der Lebensumstände unter japanischer Besetzung. Baoqin rebelliert gegen die Kuomintang und erhofft sich sozialen Umschwung durch die Kommunisten, welche nicht zuletzt die Emanzipation der Frau in Angriff nehmen wollen.
In der frühen Entwicklung der Kommunisten, die jetzt nicht mehr verdeckt zu arbeiten brauchen, lernt sie Jungs Vater kennen. Er ist einer der ersten, der unter Mao dient, ein Guerilla-Kämpfer und gleichzeitig ein gelehrter Ideologe. Sie heiraten nach dem Protokoll der Partei. Dieser Mann, äußerst prinzipientreu, ist aber mehr mit der Partei als mit seiner Frau verheiratet.
Trotzdem werden in den folgenden Jahren fünf Kinder geboren, unter anderem Jung. Die Schilderung des Familienschicksals und der Lebensumstände während des Großen Sprungs nach vorn und der Kulturrevolution ist absolut berührend.
Mit vierzehn Jahren wird Chang Mitglied der Roten Garde und arbeitet als Bäuerin, als „Barfußärztin“ (spannend: so eine Art Bauernärztin, die Mao sich da hat einfallen lassen), als Stahlarbeiterin und Elektrikerin, bevor sie ihr Englischstudium aufnimmt. 1978 geht sie nach England.
Jung Chang lebt heute mit ihrem Mann und Co-Autor ihrer Biografie über Mao, dem britischen Historiker Jon Halliday, in London.
Da wissen Sie schon, was mein nächstes Buch wird.
Fazit: Jede*r, der/die sich für die Geschichte von Frauen interessiert oder für China: Unbedingt lesen!