„Ich hatte noch so viel vor“.

Zum Tod von Petra Berning. (26.9.1949 – 20.11.2015)

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Letzen Sommer in der Kunsthalle.

„Zu irgendwas muss doch mein ganzes Gesterbe hier gut sein!“

Ja, das war Petra live. Nach und nach trafen sich ihre verschiedenen Freundeskreise auf der Palliativstaion in Thuine. Die Namen bekannt, die Personen noch nie gesehen, so ging es ganz vielen. Dann die stockenden Gespräche beim Kaffeeautomaten, wenn gemeinsame Wartezeit wegen medizinischer Verrichtungen oder zu hohem Andrang auftraten. „Kennen wir uns?“ „Ich bin…“ „Ach klar, da hat Petra noch neulich erzählt, dass…“ So vieles hatte Bezug zueinander und doch kannten sich die Menschen fast immer nur über den Filter von Petras Erzählungen. Spontan entstanden einige freundschaftliche Beziehungen. Nicht leicht angesichts der Trauer und doch motiviert durch den Zeitmangel, der so hässlich deutlich rief: Nichts aufschieben! Ihren 66ten Geburtstag den wollte sie feiern in der Lookenstraße – endlich einmal alle einladen..Die Stühle waren geparkt, der Raum bestimmt, die Einladung entworfen. Zu spät, die Krankheit schlug übel und schnell zu.

„Warum muss ich all diese netten Menschen hier erst auf der Palliativstation kennen lernen?“ , warf ich ihr nach einer dieser vielen Begegnungen – voll Trauer über ihren Zustand und Trauer über so viel ungelebtes Leben – vor. „Zu irgendwas muss doch mein ganzes Gesterbe hier gut sein“, sagte sie mit ihrem kratzbürstigen Charme, den ich immer schon eine gute Art fand, die Widerlichkeiten des Lebens pragmatisch zu sehen. Wir lachten und weinten gleichzeitig. Ich konnte das alles nicht fassen, sie auch nicht, aber sie machte doch noch einen rustikalen Spruch darüber. Was alles in dieser Situation unausgesprochen blieb: War es richtig, so oft den Beruf über die persönlichen Dinge zu stellen? Richtig, Feiern immer wieder aufzuschieben, weil der Ort, die Zeit, die Umstände nicht optimal waren? Aber ihr Beruf, das waren ja auch gleichzeitig ihre persönlichen Dinge. „Meine Häuser sind meine Kinder“, sagte sie gelegentlich und zeigte diese nicht ohne Stolz her. Sie sind uns geblieben. Vielleicht ein besseres Erbe als ein missratener Sohn? Wer weiß…

„Die Häuser sind meine Kinder.“

Sie wollte so gerne noch das Projekt „Altes Pfarrhaus Lengerich“ angehen. Leider ließ ihr ihre Krankheit nur sehr wenig Zeit. Trotzdem hat sie noch eine Menge erledigt.
Unten auf ihrer selbst verfassten Traueranzeige stand ein Spendenaufruf für die Deutsche Stiftung Denkmalschutz.
Das Geld wird vereinbarungsgemäß direkt an das Objekt „Altes Pfarrhaus Lengerich“ gehen. Bisher haben dort 65 Spender 4810 Euro hinterlegt. Es wäre doch schön, wenn noch mehr Menschen Petras letztem Aufruf folgen würden.
Sie hat sich ihr Leben lang mit aller Kraft dem Denkmalschutz gewidmet und dieses Objekt war ihr schon lange eine Herzensangelegenheit. Es zooog sich allerdings. Sie war darüber ein bisschen unglücklich und wollte eine Art Anschubfinanzierung hinterlassen als Aufforderung. Vielleicht finden Sie irgendwo ein paar Euro und erfüllen Petra Berning damit ihren letzten Wunsch:
Deutsche Stiftung Denkmalschutz, IBAN: DE 67 700 400 700 400 700 400, BIC COBA DE FFXXX, Verwendungszweck: 1120124X Trauerfall Petra Berning.

was-aber-1-1-7236Petras Traueranzeige, von ihr selber verfasst, hat manchen erschreckt.
Einige haben mir sogar gesagt, sie fänden die Anzeige „gruselig“.
Wieso gruselt es einen, wenn man sieht, dass ein Mensch selbstbestimmt seinen Abschied gestaltet? Vielleicht, weil man seine eigene Zukunft sieht und sich nicht damit auseinandersetzen möchte?