Kreuzfahrt, ja oder nein? Klar gibt’s da wie bei so vielem erstmal ein kräftiges JEIN.
- Nein: Unter Umweltaspekten betrachtet, eher nich…wenngleich beim Blick auf die fein sortierten Azamara-Papier-Abfälle…wie ist das im Vergleich, wenn knapp 700 Menschen eine Rundreise machen, fliegen, Auto fahren, Hotels nutzen, Besichtigungen arrangieren…?
- Nein: Mit Blick auf den Bericht von Foster Wallace (Schrecklich amüsant – aber in Zukunft ohne mich). Wenn es tatsächlich so wäre, dass man große Teile des Bord- und Ausflugsprogramms mitmachen müsste, wäre meine Antwort sogar ein ziemlich lautes Nein, weil mir sozialer Aktionismus ziemlich schnell auf den Zwirn geht. Es soll aber Menschen geben, die das ganz toll finden. Die dürfen und können ja! Aber ernsthaft: Mit der Wahl der schönsten Männerbeine wird wohl heute kein Mitreisender mehr belästigt. Das Schiff, auf dem wir uns befanden, war ausgesprochen amerikanisch (und ein bisschen britisch) und die Auswahl dessen, was man tun -und auch lassen konnte und wollte- ausgesprochen freigestellt.
- Also Ja! Es gibt auf dem Schiff Angebote aller Art (Vortrag, Bewegung, Wellness…). Ich habe davon -ehrlich gesagt- nur den Vortag von Dr. Orenstein (echt jetzt!) über die Botanik Chiles, ein Konzertangebot und hauptsächlich die Seh/See/Angebote wahrgenommen. So eine Schiffs-Rundumdrehung in einem Fjord mit Blick auf einen Gletscher ist mir für Tage genug an Schönheit und Emotion! Anderen vielleicht nicht. Zudem gibt es viele Ausflugsangebote zu Land (die wir nicht besonders interessant und recht teuer fanden). Man kann, wenn man sich selber auf die Strümpfe macht, die Häfen sehr gut erkunden, und zwar nach individuellen Interessen. Man lernt aber nicht wirklich das Land kennen, sondern nur Teile von Hafenstädten…
- Also wieder Nein! Das Land, das einen auf einer Schiffsreise besonders interessiert, kann man später gut zu Lande nochmal als Rundreise einplanen. Oder gar denken, dass es so auch gut ist. Das völlig zerschossene Punta Arenas muss es ja in den nächsten Jahren nicht unbedingt sein, wohl aber andere Orte und Landschaften (z.B. Patagonien). Unsere Reaktion auf einige Rundreisen, die zum Teil so interessant wie anstrengend waren, war dieser Versuch einer Schiffsreise. Und unter diesem Aspekt:
- Ja! Es ist einfach bequem, entspannend, inspirierend, nicht ständig den Koffer ein- und auszupacken und herumzupuckeln, sondern nur zu genießen. Preis der Faulheit: Siehe 4.
Am letzten Morgen unserer Reise, als wir San Antonio nicht anlaufen konnten, (Cäpten Carl hatte gerade verkündet, auf den Schrecken brauche er viel Rührei mit Käse) setzte ich mich zu einem älteren amerikanischen Ehepaar. Meinen Sie nicht auch, dass hier ein bisschen viel alte Leute sind?, fragte er mich und wir lachten Beide herzlich über uns selber. Abgesehen von der schönen Erkenntnis, dass auch Amerikaner Humor haben können, hat er (ich denke, er war an die 90) etwas formuliert, was natürlich auch für einige Schiffsreisen gilt: Da sie bequemer sind als Rundreisen, wählen ältere Menschen gerne diese Alternative. Das kann für jüngere Menschen (gab es dort auch, aber eher in der Minderzahl) auch ein
- Nein! hervorrufen. Oder eine genaue Recherche zum Publikum des zu wählenden Schiffes. Die Angebote an Unterhaltung sind nämlich durchaus unterschiedlich.
- Nein! Die furchtbaren Aufnahmen von Venedig mit diesen Riesenkähnen im Hintergrund weisen auf ein noch ganz anderes Problem von Kreuzfahrtschiffen hin. Die Menge der Menschen, die eine Destination an Land nach dem Anlegen überfällt (und die nicht von Vorteil sind, weil sie -gut gepampert auf dem Schiff- dort praktisch nichts verbrauchen), passt oft nicht zum Ort, hinterlässt das fahle Gefühl von Menschen-Überschwemmung, Massentourismus, Oberflächlichkeit – und das leider oft zu Recht.
- Also Nein?! Meiner Meinung nach ist das auch eine Frage der Größe der Schiffe. Die ganz großen Pötte passen nicht zu vielen Destination, z.B. in die chilenischen Fjorde oder an die Mittelmeerstrände. Der Ausflug in Montevideo ins Teatro Solis erforderte schon etwas Organisation und ich dachte flüchtig daran, dass eine gute Vorbildung, vielleicht vormalige Generalstabstätigkeit, ganz gut dafür wäre. Wenn man sich das Ganze mal 10 (die Azamara hat etwa 700 Plätze) denkt, das kann bei bester Organisation für kleine Hafendestinationen einfach nur eine Katastrophe sein.
Wir hatten noch durchaus den Eindruck, ein bisschen Individualerfahrung in den Häfen haben zu können – auch wenn man dann schon mal über einen Mitreisenden stolpert.
- Nein! Wenn man zu Seereisekrankheit neigt, jedenfalls besser nicht um Kap Horn. Es gibt Medikamente, die offenbar ganz gut wirken, aber Übelkeit kann erstmal auch zu Missmut führen, denn:
- Ja! Die Büffets und das Getränkeangebot waren einfach wunderbar, das Gefühl so richtig verwöhnt zu werden allgegenwärtig.
- Also JAAAA: Wenn das Schiff nicht zu groß ist, zu einem passt, man sich nicht einbildet, so wirklich ein Land kennenzulernen und man bereit ist, in Muße zu genießen. Wir sind fast schon wieder unterwegs….